Begleitforschung

Die am IFP durchgeführte Begleitforschung zum Modellversuch war multimethodisch angelegt und umfasste mehrere Bausteine mit unterschiedlichen perspektivischen Zugängen und in unterschiedlicher personeller Zuständigkeit. Das Begleitforschungskonzept, das aus Gründen des Modellverlaufs und der Corona-Pandemie mehrfach nachjustiert wurde, sah wie folgt aus:

  • Im Rahmen von Basis-Evaluationen wurden im Verlauf des Modellversuchs alle daran Beteiligten mehrmals online befragt, d.h. die Mediencoaches sowie die Leitungen, die pädagogischen Fachkräfte und auch die Eltern in den Modellkitas.
  • Zwei Vertiefungsstudien wurden in je 15-20 Modellkitas durchgeführt: Im Teilprojekt „KinderFragen!“ kamen auch die Kinder zu Wort und konnten von ihren Erfahrungen mit digitalen Medien in der Kita berichten und deren Bedeutung bewerten. Eine videogestützte Studie setzte sich mit der „Bilderbuchbetrachtung mit digitalen Medien“ auseinander.
  • In Metaanalysen wurde die nationale und internationale Studienlage zur Nutzung und Wirkung digitaler Medien in Kitas in den Blick genommen, um daraus auch Empfehlungen für die frühpädagogische Praxis abzuleiten und darauf aufbauend weitere Forschungsprojekte zu realisieren.
  • Im Forschungsprojekt „Expertise KitaApps“ wurde der wachsende KitaApp-Markt recherchiert und analysiert. Praxisbefragungen gaben Aufschluss, warum und wie KitaApps die Wahrnehmung mittelbarer Aufgaben erleichtern. KitaApps werfen viele Datenschutzfragen auf, für deren Beantwortung eine rechtswissenschaftliche Klärung vorzunehmen war.

 

Weitere Informationen zu den Teilprojekten

Basis-Evaluationen des Modellversuchs

Die Basis-Evaluationen wurden prozessbegleitend angelegt und durch mehrmalige Online-Befragungen aller am Modellversuch beteiligten Personengruppen über das Befragungstool von SoSci Survey sichergestellt.

Online-Basis-Befragungen für Mediencoaches und Kita-Leitungen
  1. Befragung nach dem Elternabend (Herbst/Winter 2018/19)
  2. Befragung nach der 1. Inhouse-Schulung (Herbst/Winter 2018/19)
  3. Befragung (Juli 2019)
  4. Kurz-Befragung auf dem Landesnetzwerk-Treffen (Februar 2020)
  5. Befragung (Abschluss Dezember 2020)

In den Befragungen wurden u.a. der Einsatz digitaler Medien in der Kita erfragt, die Verläufe der von den Mediencoaches durchgeführten Veranstaltungen sowie die Akzeptanz des Modellversuchs im Feld und dessen jeweils persönliche Bewertung. Im Abschluss-Fragebogen sollte zudem über den Modellversuch hinweg Bilanz gezogen und u.a. auch die in der Kita in den drei Handlungsfeldern verwendeten Apps angegeben werden. Darüber hinaus wurden Mediencoaches und Kitas um Empfehlungen gebeten, die erfahrungsbasiert das Arbeiten mit digitalen Medien in der Kita begünstigt hatten.

Online-Basis-Befragungen für Eltern
  1. Befragung nach dem Elternabend (Herbst/Winter 2018/19)
  2. Befragung (Sommer 2019)
  3. Befragung (Abschluss Dezember 2020)

In den Befragungen wurden Eltern um Informationen gebeten zu ihrer Haltung zu digitalen Medien in der Kita (retrospektiv und aktuell), ihren Erwartungen sowie ihren Erfahrungen. Sie wurden darüber befragt, welche Einstellung sie hinsichtlich des Einsatzes von Tablets in der Kita haben, ob sie sich gut über die Umsetzung des Modellversuchs informiert fühlen und daran beteiligt werden.

Online-Befragungen der Fachkräfte
  1. Befragung zu Beginn des Modellversuchs (Frühjahr 2019)
  2. Befragung (Herbst/Winter 2019)
  3. Befragung (Abschluss, Herbst 2020)

Die Fachkräfte wurden sowohl zu ihrer Einstellung zu digitalen Medien im Allgemeinen, als auch zu deren Nutzung in der Kita befragt. Darüber hinaus sollten sie zu ihrer tatsächlichen Nutzung digitaler Medien in der Kita, zu ihrer selbsteingeschätzten Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien und ihrer Technikaffinität Auskunft geben. Die Fachkräfte hatten jedes Mal auch die Möglichkeit, frei ihre Eindrücke zu digitalen Medien in der Kita mitzuteilen – jeweils getrennt für die von ihnen als positiv empfundenen Aspekte und Hoffnungen, die sie mit digitalen Medien in der Kita verbinden, und die als negativ empfundenen Aspekte und Befürchtungen.

Zwischenberichte und gemeinsamer Abschlussbericht

Während des Modellversuchs wurden Zwischenergebnisse in zwei Beiträgen im IFP-Infodienst und in vier Newslettern „ZOOM in die wissenschaftliche Begleitung“ veröffentlicht; diese Zwischenberichte sind unter „Einblicke und Ergebnisse“ abrufbar.

Durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie konnten die Abschlussbefragungen der Mediencoaches, Kitaleitungen und Eltern nicht wie vorgesehen im Sommer 2020, sondern erst im Dezember 2020 durchgeführt werden. Die Aufbereitung der Daten, auch die der Fachkräfte-Befragungen, deren Auswertung und Analyse fanden deshalb erst in der ersten Jahreshälfte 2021 statt. Sie mündeten in einen Abschlussbericht, der im November 2021 auf der IFP-Website (Modellversuch) und dieser Website online veröffentlicht wurde:

Projektteams

Befragungen der Mediencoaches, Modellkita-Leitungen und Eltern:
Dr. Sigrid Lorenz und Dr. Inge Schreyer

Fachkräfte-Befragung:
Dr. Erik Danay und Martin Krause

Metaanalysen „Nutzung und Wirkung digitaler Medien in Kitas“
Forschungsprojekt „KitaApp-Expertise“

Dem Thema „KitaApps“ und Software-Lösungen kam im Modellversuch im Handlungsfeld 1 (Beobachtung und Dokumentation) und Handlungsfeld 3 (Kooperation mit Eltern) zentrale Bedeutung zu. Um Kitas und Trägern einen Entscheidungs- und Orientierungsrahmen an die Hand zu geben, wurde am IFP hierzu bundesweit erstmals eine Expertise vorgelegt, bei deren Erstellung viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten war.

Marktrecherche und Testphase

Die Expertise gibt interessierten Kitas einen strukturierten Überblick über den stetig wachsenden deutschen KitaApp-Markt:

Nach einer Marktrecherche zu KitaApps, die digitale Dokumentation und Kommunikation ermöglichen, und deren Anbieter und Server im EU-Raum angesiedelt sind, wurden die recherchierten Apps am IFP nach einem aufgestellten Kriterienkatalog getestet und sodann systematisiert.

Neben App-Anbietern, die auf digitale Dokumentations- oder Kommunikationslösungen spezialisiert sind, gibt es App-Anbieter von Komplettlösungen, die digitale Kommunikation, Dokumentation und/oder Verwaltung verknüpfen und am meisten nachgefragt sind.

Praxisbefragungen zum KitaApp-Einsatz

Die Expertise enthält auch Erfahrungsberichte zum Praxiseinsatz von KitaApps, die über Interviews mit Kitaleitungen und im Austausch mit dem Trägerbeirat am IFP eingeholt wurden.

Die Vorteile von KitaApps sind immens. Sie zeigen sich in Arbeitserleichterungen, hoher Zeitersparnis zugunsten von mehr Zeit für Kinder, Abkehr von Zettelwirtschaft und positiven Elternrückmeldungen, die sich besser informiert und eingebunden fühlen. Keine der befragten Einrichtungen, die KitaApps bereits nutzten, wollte mehr auf sie verzichten.

Es gibt auch einige unerwünschte Nebeneffekte der KitaApp-Nutzung. In der Expertise werden diese ebenfalls genannt aufgezeigt, wie Kita diesen begegnen können und auch sollen.

Erschließung der Datenschutz-Anforderungen

Für die Expertise wurden mit Unterstützung von Prof. Dr. Ulrich Möncke erstmals auch die Datenschutzanforderungen an eine DSGVO-konforme KitaApp-Nutzung erschlossen, bei der viel juristisches Neuland betreten wurde und rechtswissenschaftliche Arbeiten zu leisten waren.

Beim Einsatz einer KitaApp handelt es sich um eine Auftragsverarbeitung von Sozialdaten, die gegenüber der Kitaaufsicht vor Auftragserteilung nach § 80 SGB X anzeigepflichtig ist:

  • Die Anzeige erfordert nach Art. 28, 32 DSGVO die Vorlage mehrerer Dokumente und bei DokumentationsApps zudem eine aufwändige Datenschutzfolgen-Abschätzung (DSFA), da sie auch Gesundheitsdaten der Kinder erheben.
  • Diese Rechtslage war weder den bayerischen Trägern, deren Einrichtungen bereits eine KitaApp nutzten, noch den Aufsichtsbehörden bekannt.

Die Prüf- und Dokumentationspflichten beim KitaApp-Einsatz setzen eine hohe juristische und IT-sicherheitstechnische Expertise voraus, d.h. ein Spezialwissen, das bei Trägern und Aufsichtsbehörden kaum vorliegt. Zu deren Unterstützung wurde daher am IFP ein Musterverfahren für die DokumentationsApp Dokulino (jetzt Kitalino) eingeleitet, um landeszentral eine DSFA nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG durchzuführen, die für die Anzeige nach § 80 SGB X nötigen Unterlagen zu erstellen und mit den Datenschutz-Aufsichten der verschiedenen Kitaträger abzustimmen:

  • Dieses Musterverfahren wurde eingestellt, nachdem erste Trägerverbände auf Bundes- und Länderebene eine DSFA zu Dokulino mit jeweils positivem Ergebnis vorgelegt hatten. Stattdessen enthält die 2. Auflage der IFP-Expertise nun Hinweise, wie das Erstellen einer DSFA geht.
  • Darüber hinaus setzt sich das IFP im Rahmen seiner Expertise, die es für das Bundesfamilienministerium 2020 erstellt hat, für eine bundeszentrale Datenschutzprüfung und Sicherheitszertifizierung von KitaApps durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ein.  
IFP-Expertise KitaApps

Die IFP-Expertise wurde erstmals im Dezember 2019 auf der IFP-Homepage online veröffentlicht. Die 2. Auflage, die aufgrund neuer Marktentwicklungen aktualisiert sowie überarbeitet und ergänzt wurde, erschien im August 2021; die 3. Auflage ist für 2023 geplant.

Projektteam

Projektleitung: Eva Reichert-Garschhammer

Projektteam: Stefan Knoll (Koordination), Johann Helm, Georg Holland (2019), Dr. Sigrid Lorenz, Laura Harbecke (ehemals Oeltjendiers)

Kooperationspartner: Prof. Dr. Ulrich Möncke (Hochschule München)  

 

 

 

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